Dienstag, 10. Juni 2014

Profesora

Comisaria: 07:48
Ich steige aus meinem Kombi, große Kreuzung, links, ganz in in blau, die riesige "Institución Educativa Primaria 3057".

Sehe schon ein paar gehetzte Lehrer, die ganz gestresst an mir vorbei eilen und versuchen die Kreuzung ohne einer Kollision mit Kombis, Bussen, Colectivos oder Motos zu überqueren.
Während ich die paar Meter zur Schule laufe, kommen mir mehrere Schüler entgegen, wendern im blauem Trainingsanzug oder in der weiß-grauen Uniform, die aufgergt "good morning teacher" rufen, oder ganz verstohlen ihren Eltern "Mira, la profesora de inglés" zuflüstern.

Die Tür darf ich mit einem hastigen "buenos días" durchqueren, während die Schüler ganz entnervt den anderen Eingang benutzen sollen. Obwohl dieser Beschluss schon seit zwei Monaten steht, überrascht das immer noch ein paar Schüler.

Die nächsten Meter zum Sekretariat werde ich von laufenden, oder eher rennenden Lehrern überholt. Der Sinn: Man muss seine Tarjeta abstempeln, und je nach verstrichener Minute wird der Gehalt gekürzt. Ab 07:50 ist man zu spät, trotzdem sind die hier immer am Rennen, Pünktlichkeit ist nicht die Stärke der Peruaner.
Meine leider auch nicht, ich muss zwar auch abstempeln, aber welcher Gehalt soll bitte gekürzt werden, also mache ich mir weniger Sorgen, ob ich 07:49 oder 07:52 meine Tarjeta durch Stempelgerät ziehe.

Aus dem überfülltem Sekretariat raus, warte ich erstmal auf Kati. Deren Mutter hat das nämlich besonders drauf mit dem Sprint zum Spempeln.
Während alle langsam in ihre Klassenzimmer verschwinden, oder sich auf den Weg machen, dass morgendliche Frühstück (Leche con Pan) abzuholen, schlendern Kati und ich erstmal Richtung Cafetaria, oder bleiben auf dem Weg sitzen. Es gibt etliche Schüler, die dich auf dem Weg anhalten und fragen "oh no, profesora, hoy nos toca ingles? (Oh nein, haben wir heute englisch) Bei verjahendem "Si, como siempre los lunes" (ja, wie immer Montags) und "han olvidado sus cuadernos?" (habt ihr mal wieder eure Hefte vergessen?) wird sich ganz entsetzt angeschaut. Ups, das ist dummerweise im Haus, ganz vergessen. So eine Außnahme.

Um 08:30 dürfen wir dann auch endlich in unsere jeweiligen Klassen. Zustand recht normal, Platz für jeweils ca 30 Schüler, verteilt auf 5 Gruppentische, Tafel, und dann eben 30 Schüler, die gerade lautstark frühstücken, quatschen und natürlich nicht auf ihren Plätzen sitzen. Bis das letzte Brot gegessen ist, der Müll im Mülleimer und die Schüler dann wirklich auf ihren Stühlen und so gut wie möglisch still sind, kann es schon mal zehn Minuten später sein. Los geht es dann erstmal mit Englisch. Ein kleiner Eindruck, meine Stimme ist danach leicht kratzig, meine Geduldsfaden ein bisschen am reißen, und ich überhaupt am Verzweifeln. Wieso ist es auch so schwierig "Purple" auszusprechen und warum sagt man "ileven" und nicht "eleven" oder "iliven"? Währen die Kinder erstmal schön malen und rechnen dürfen, und ich mich erstmal hinsetzten, um die Hefte durchzuschauen, wollen gleich mal 10 auf die Toilette (immer nur einer, und wer es auf englisch sagen kann, darf gehen), darf ich mir mehrere Geschichten anhören, wie genau der Hund jetzt das Heft geschnappt hat, und ob man das Arbeitsblatt einkleben darf. Am Ende darf ich dann jedes Blatt schön abstempeln, ein" muy bién" und "siehste, du kannst es doch, ich bin stolz auf dich", und die Kinder rennen ganz begeistert in die Recreo (Pause)

Um 10:05 (sagen wir 10:15) gehts dann erstmal zur Cafetaria, danach verbunkern Kati und ich uns erstmal in einem leeren Zimmer. Kurz entspannen, ausruhen quatschen, dann die Tests oder Hefte korrigieren und noch mehr quatschen.
12:30 wird dann Mittag gegessen, mit ein paar kleine Missverständnissen, ob es was ohne Hühnchen, Fleisch  oder Fisch gibt, dass es dann doch egal ist, man kann ja picken und Kati das Fleisch zustecken (sie ist leider nie so begeistert..)
Um 13:00 gehts dann zum Turno Tarde, wieder eine Klasse Englisch und 14:30 stehen wir abfahrtsbereit erneut an der Comisaria um einen Combi nach San Felipe zu nehmen.



Meine Kinderchen liebe ich jetzt schon viel zu sehr, da gibt es Lieblingsklassen und Kinder die aus Versehen doch irgendwie bevorzugt werden, welche die immer ganz begeistert Küsschen geben wollen und welche die nur noch mit "good morning" oder "teacheeer" grüßen. Ganz entzückt bin ich ja immer wenn mir welche auf der Straße begegnen, oder begeistert "ingleeees" rufen, sobald ich ins Klassenzimmer komme. Wirklich toll finde ich es zwar nicht Lehrerin zu sein, aber meine Kinder sind so wundervoll, da ist es doch schon wieder eine super Arbeit. Solange die Kinder ein bisschen was lernen, und ich von ihnen, bin ich hier glücklich. Die Erwartungen, dass sie nach diesem Jahr perfekt Englisch sprechen, war sowieso nicht da, und manche Stunden kann ich auch einfach nur zum Quatschen und Spielen nutzen.

Ich schicke euch lärmendes Kindergeschrei und das laute sirenenartige Schulbimmeln,

Marie


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